Montag, 1. November 2010

Tag 1

01.11.2010, 9.57 Uhr


Ich bin auf dem Weg zu meiner Mutter, wir sind zum Frühstücken verabredet. Es ist relativ früh und relativ kalt, gefühlte 5°C. Um mich herum liegen eine Mischung aus Dreck, Matsch und aufgeweichtem Irgendwas. Obwohl es sehr nebelig ist, kann ich gut den netten Mann erkennen, der wohl nicht in der Wohnung rauchen darf. Er steht gegenüber der Bahnhaltestelle im Nebel und raucht genüsslich eine Zigarette. Ich kann ihn nicht verstehen, er trägt eine Badeshorts, ein T-shirt und seine Hausschuhe. Ich hingegen trage das Wärmste, was mein Kleiderschrank zu bieten hat, inklusive der Stulpen für meine kalten Hände. Naja, er scheint nicht so empfindlich zu sein wie ich.
Die Bahn ist da. Die Zeit geht mit dem Schreiben viel schneller um, ich bin nämlich grundsätzlich 10 Minuten zu früh an der Haltestelle. Die Bahn ist nicht besonders voll heute Morgen. Es ist schön warm und ich vermisse den modrigen Geruch, den ich normalerweise in der Nase habe, wenn ich in die Bahn einsteige. Das liegt wohl an dem jungen Mann hinter mir. Ich denke er hat ein Date. Er ist umgeben von einer Parfümwolke, die einen besonderen Duft in die ganze Staßenbahn zaubert.
Ich muss aussteigen...Zu meiner Mama sind es nur zwei Haltestellen. Eine Strecke, die ich sonst mit dem Auto fahre.

01.11.2010, 16.41 Uhr
Meine liebe Mutter war so nett, mich heute morgen nach Hause zu fahren - schon wieder sitze ich an der Haltestelle und habe noch knapp 10 Minuten bis der Bus kommt. Diesmal habe ich aber nette Begleitung. Mein Schatz und ich wollen noch auf den Friedhof, um eine Kerze anzuzünden. Wir haben doch heute Allerheiligen. Es ist zwar noch relativ hell, aber durch den Nieselregen wirkt es später als es ist. Auf den Straßen kann man viele gutangezogene Familien sehen. Es scheint eine Art Brauch zu sein, den Gang zum Friedhof zu Fuss und mit der ganzen Familie zu machen. Mir ist immernoch kalt und ich hoffe der Bus kommt bald. Ich denke es wird sehr voll sein und ich werde mich noch freuen, nicht mit dem Auto unterwegs zu sein. Das ich dauerhaft schreibe scheint für meine Mitmenschen ein besonderes Phänomen zu sein und etwas seltsam zu wirken. Die Dame neben mir scheint sehr interessiert an meinem Text. Da ist endlich der Bus. Oh je, ich muss ja noch meine meinen formschönen Fahrkartenfetzen aus der Tasche holen.
Es ist sehr warm, zu warm. Der Bus ist aber nicht so voll wie ich erwartet habe. nachdem ich einmal grob in alle Gesichter gesehen habe, erkenne ich eine Person die ich schon sehr lange nicht gesehen habe. Nachdem ich ein wenig unangenehmen Smalltalk hinter mich gebracht habe, können wir uns endlich setzen. So fällt das Schreiben leichter. Die drei Haltestellen bis zum Friedhof ziehen sich sehr in die Länge. Da, wie erwartet, alle Menschen dieses Stadtteils heute auf den Friedhof wollen, ist die Straße völlig zugeparkt und der Bus kommt nicht weiter. Normalerweise würde ich jetzt auch am Rande des Wahnsinns sein und versuchen in dem Chaos einen Parkplatz zu bekommen. Hatte ich erwähnt, dass ich mich freue, nicht mit dem Auto unterwegs zu sein? Heute ist alles anders. Ich rege mich noch nichtmal über die blöden Leute auf, die die Busspur zugeparkt haben. Ich beobachte den unglaublich niedlichen kleinen Hund, der schon sehr aufgeregt darauf wartet, dass die Tür endlich aufgeht und freue mich über meine ausnahmsweise ausgeglichene Art.

01.11.2010, 17.22 Uhr
Und schon wieder sitzen wir an der Bushaltestelle. Ab nach Hause für heute. Inzwischen ist es dunkel. Auf dem Friedhof war es wie erwartet sehr voll und ich bin froh, dass ich für diesen kurzen Weg den Bus genommen habe. Eine Strecke, die ich sonst mit dem Auto fahre.