Freitag, 5. November 2010

Tag 5

05.11.2010, 11:42 Uhr


Wir haben Freitag Mittag. Ich bin wieder auf dem Weg nach Dortmund. Heute fühle ich mich nicht sehr gut, die letzten Tage waren wohl ein wenig zu stressig für meinen Körper und ich bekomme nun die Quittung. Es mal wieder warm und es nieselt ein wenig.
An der Haltestelle stehen 2 Menschen und der rauchende Mann ist wieder nicht zu sehen. Inzwischen haben sich Berge von Laub an den Seiten der Straße gesammelt und die Bäume werden immer leerer. Die Straßenbahn kommt, eine von der alten Sorte. Ich mache dasselbe, wie scheinbar alle anderen an Bord. Ich starre gedankenverloren aus dem Fenster. In diesem Moment würde ich gerne mit dem Auto fahren. Außerdem habe ich eine Tasche mit Büchern, Brettern und vielen anderen Utensilien bei mir und kann sie kaum tragen. Ich hoffe meine Tüte reißt nicht. Ein Königreich für einen Kofferraum... Die Dame mir gegenüber sieht aus wie eine Mischung aus Peggy Bundy und Roseanne Barr. Sie scheint nervös zu sein, ich kann aber nicht erkennen warum. Vielleicht hat sie keine Fahrkarte? Mit jeder Haltestelle wird die Bahn leerer, selbst Peggy-Roseanne ist jetzt ausgestiegen. Seltsam. Ich scheine die Einzige zu sein, die bis in die Innenstadt möchte.
Da ich nun am Hauptbahnhof angekommen bin, werde ich mir noch einen Kaffee holen. Es ist gar nicht mehr so viel Zeit. Im Raucherbereich steht eine kleine Familie mit einem großen Koffer. Die beiden Kinder, der Junge zirka 2, das Mädel ungefähr 4 Jahre alt, rennen die ganze Zeit hin und her. Sie klettern auf die Bänke, spielen Fangen oder bleiben verwundert vor Personen stehen und begutachten sie. Ihre Mutter findet das ganze Geschehen eher unangenehm und ist leicht genervt. Mein Zug ist heute ausnahmsweise pünktlich. Ich finde sofort einen Sitzplatz und fange wieder an zu schreiben. Es liegt ein beißender Geruch von Nagellack und scharfen Zwiebeln in der Luft. Also ich könnte mir im Zug nicht die Nägel lackieren (Anmerkung: ...und Schreiben offenbar auch nicht, meine Schrift ist kaum zu entziffern, während ich das hier abtippe.). Der junge Mann auf dem Platz gegenüber sieht sehr traurig aus. Er starrt aus dem Fenster und lässt sich sehr hängen. Was ihn wohl bedrückt? Vielleicht muss er auch gleich ein Referat halten, wie ich. Ich hätte mir ein späteres Thema aussuchen sollen. Diese Woche war ich im Dauerstress und fühle mich deshalb auch nicht sehr gut vorbereitet. Mal sehen wie ich mich gleich schlagen werde. Ich höre von Weitem eine Schaffnerin mit einer leicht singenden Stimme nach den Fahrkarten fragen. Sie hat unglaublich gute Laune und zaubert mir an diesem doofen Tag sogar noch ein Lächeln auf die Lippen. Vielen Dank singende Schaffnerin, das brauchte ich jetzt. In Bochum sind einige Studenten eingestiegen. Sie lockern die Atmosphäre sehr stark auf und verbreiten, allein durch ihre Unterhaltungen, eine Art Partystimmung. Noch 2 Mal umsteigen und ich bin an meinem Ziel angekommen. Die U-Bahn ist, wie der gesamte Dortmunder Hauptbahnhof, gnadenlos überfüllt. Es verwundert mich immer wieder, dass hier zu jeder Tageszeit gleich viel los ist.


16:50 Uhr

Mein Tag will einfach nicht besser werden. Nicht nur, dass der Kurs eine Stunde später beginnt als vorher bekannt, dass es den ganzen Tag nur regnet und dass es inzwischen dunkel ist, nein, es geht so ziemlich alles schief. Ich komme am Hauptbahnhof an und verpasse meinen Zug. Der Nächste kommt in 40 Minuten. Da ich sowieso dringend was zu essen brauche, erledige ich das noch schnell. Dann gehe ich hoch auf den Bahnsteig. Eine immense, demotivierte Menschenmasse begrüßt mich mit schlechter Laune. Naja, ich rauche dann mal eine und sitze ein bisschen in der Dunkelheit herum. Der Zug wird schon gleich kommen. Dachte ich. Bis zu dem Zeitpunkt, als die nette Stimme aus dem Lautsprecher frecherweise das Gegenteil behauptet, dass mein Zug 10 Minuten Verspätung hat. Ich rauche dann mal noch eine. Die Stimmung der Menschen um mich herum wird minütlich schlechter. Meine auch. Dieser Tag kann einfach nicht mehr schlimmer werden. Als dann endlich mein Zug kommt, muss ich rennen um noch einen der wenigen Sitzplätze zu bekommen. Ich habe es geschafft und darf nun zusehen, wie die Menschen um mich herum beginnen, sich zu stapeln. Ich will mein Auto, oder besser noch: zu Hause sein. Durch die Verspätung habe ich natürlich meinen Anschluss am Essen Hbf verpasst. Gott sei Dank habe ich noch eine gute Freundin getroffen und hatte ein bisschen Unterhaltung. Meine Stimmung ist nun wieder ein wenig besser, wenn auch nicht gut. Aktuell sitze ich in der Straßenbahn. Diese ist zu meiner Verwunderung gar nicht so voll. Ein asiatisches Pärchen transportiert eine Art Kleiderschrank in einer Rollkiste - in der Straßenbahn. Respekt. Ansonsten sitzt neben mir eine junge Frau, die ebenfalls ununterbrochen schreibt. Ob sie auch einen Fastenkurs macht? Ich denke mal die Chance ist sehr gering. Sieht bestimmt als Außenstehender witzig aus, 2 Mädels die wie wild ununterbrochen vor sich hin kritzeln. Eine Gruppe gutgelaunter Jugendlicher ist grad eingestiegen. Sie lachen laut und machen eine Art Gruppenkuscheln. Wie gut, dass die Bahn eine Ansage der Haltestelle hat, es ist so dunkel, dass ich meine Haltestelle wohl verpassen würde. Die kuschelnden Jugendlichen haben gerade bemerkt, dass sie genau in die falsche Richtung gefahren sind. Ein netter Mann erklärt ihnen, wie sie wieder zurück kommen. Jetzt ist es nicht mehr weit. Den Rest der Strecke werde ich jetzt auch noch schaffen, an der Haltestelle erwartet mich mein Schatz und holt mich ab. Soviel zur Bahnfahrt von Tag 5.

19:00 Uhr

Der Tag ist noch nicht vorbei. Wie mein Liebster feststellte, haben wir keine Getränke mehr im Haus. Wir werden wohl oder übel Einkaufen müssen. Leider können wir diese Getränke heute nicht mit dem Auto transportieren. So machen wir uns mit meinem tollen, rosafarbenen, femininen Girly-Einkaufskorb zum nicht weit entfernten Edeka. Ich hätte gern ein Sixpack 1,5 Liter Wasser. Wie gut das Schatzi dabei ist. Er bekommt dann auch noch seine Getränke und schleppt sie, nett wie er ist, bis Nachhause. Vielen Dank!