Samstag, 6. November 2010

Tag 6

06.11.2010, 13:17 Uhr


Erstmal gehts heute nur in die Stadt. Ich bin zum Shopping verabredet, der Regen, der heute morgen wütete, ist passenderweise verschwunden. Und es kommt sogar ab und an ein wenig Sonne durch die Wolkendecke. Die Laubberge von Gestern sind inzwischen in umweltschonende Pappsäcke befördert worden.
Heute geht es mir schon wieder deutlich besser, der Tag gestern war ja ein kompletter Reinfall... Im Haus gegenüber der Haltestelle, neben dem Draussenraucher, findet wohl ein Umzug statt. Es herrscht reges Treiben und der komplette Hausrat wird auf die Straße befördert. Da ist schon meine Bahn. Es ist einiges los heute Mittag, ein kleiner Hund undefinierbarer Rasse scheint von der Bahnfahrerei sehr gelangweilt zu sein. Er interessiert sich gelegentlich für vorbeilaufende Füße, aber ansonsten starrt er gegen die Wand und döst vor sich hin. Die Sonne hat sich leider schon wieder verzogen, aber solange es trocken bleibt, haben wir auch in der Stadt keine Probleme. Neben mir sitzt eine Dame im Alter meiner Mutter und spielt mit unglaublicher Leidenschaft Gameboy. Ich wusste gar nicht, dass diese Urzeit-Version noch existiert. Ich hatte mit 12 auch so ein Teil. Schon wieder ist ein junger Mann verwundert über mein Schreiben.
Ich habe Gesellschaft auf meiner Bank bekommen. Eine nette alte Dame, die wohl mit ihrer Freundin unterwegs ist. Ihre Freundin hat einen kleinen Hund dabei. Sehr klein und sehr niedlich. Da steigt grad ein Mann mit einem relativ großen Kampfhund ohne Maulkorb ein. Mein Herz bleibt fast stehen. Das riesengroße Tier stürzt sich sofort auf den kleinen Hund. Die alte Dame versucht ihn so gut sie kann zu schützen. Der Mann scheint das ganze nicht so ernst zu nehmen und zieht ein wenig an der Leine seines knurrenden, bellenden und beissenden Köters. Unglaublich, die alte Dame hat schon Tränen in den Augen und ist verzweifelt und der Typ hat nichts besseres zu tun, als blöde zu grinsen. Gott sei Dank zieht er den Hund endlich weg und geht weiter. Neben mir ist nur noch ein kleines, elendig anzuschauendes Häufchen Hund übrig. Glücklicherweise scheint ihm nichts passiert zu sein.
Am Hauptbahnhof bin ich nun angekommen, ich hab auch genug erlebt für den Moment.


18:58 Uhr

Ich hab es geschafft. 5 Stunden Hardcoreshopping. Meine Füße schmerzen ein bisschen, aber es hat Spaß gemacht. Durch einen kleinen Sprint habe ich meine Straßenbahn noch bekommen. Sie ist sehr voll, genau wie die Stadt. Ein kleines, asiatisches Mädchen steht neben mir und hält sich an meinem Arm fest. Ihr Bruder steht auf meinem Fuss. Es wird immer voller. Ich muss eine kurze Schreibpause machen.
Mit zunehmender Fahrt leert sich die Bahn wieder etwas und ich habe wieder Platz zum Schreiben. Sogar einen Sitzplatz habe ich inzwischen bekommen. Es ist schon sehr dunkel geworden und ich bin nun auch froh, wenn ich gleich zu Hause angekommen bin. Vor mir steigt ein Vater mit seiner kleinen Tochter im Kinderwagen ein. Sie hat eine sehr hübsche, rosane Kappe auf dem Kopf. Sie scheint diese Kappe aber momentan nicht sonderlich prima zu finden. Sie zieht die Kappe vom Kopf und wirft sie auf den Boden. Nach dem dritten Aufheben setzt sich Papa die Kappe auf den Kopf und ab diesem Moment scheint die Kleine ein starkes Interesse an der Mütze zu entwickeln. Sie schreit und jammert, bis sie die Kappe wieder auf ihrem Kopf hat und Papa hat mit einem kleinen Trick auch seinen Willen bekommen. Mit diesem schönen Moment werde ich heute meinen Text abschließen, ich bin nämlich endlich zu Hause.